MALI
Die Straße nach Bamako ist mittlerweile durchgehend geteert. Bei flotter Fahrt erreichten wir am späten
Nachmittag die 1.5 Millionen Einwohner große Hauptstadt der Republik Mali. (9551) In Mali herrscht
Landflucht und viele Menschen wollen in die Hauptstadt. Bamako wächst ständig. Fachleute gehen davon
aus, daß die Stadt mittlerweile 3 Millionen Einwohner hat.
Natürlich ist auch hier ein starkes Verkehrsaufkommen und so waren wir nicht verwundert, daß wir vor der
neuen Brücke über den Niger gleich im Stau standen. Auf der Brücke ereignete sich ein kleiner Unfall.
Nach Passieren der Unfallstelle rollte der Verkehr normal weiter und laut Reisebeschreibung wollten wir
einen idyllisch gelegenen Platz am Niger anfahren.
Djoliba war der verheißungsvolle Name. Am Niger lag der Platz zwar, aber von Idylle keine Spur. Er ist
schmuddelig und nichts funktioniert so richtig. Täglich versammelt sich die einheimische Jugend mit ihren
Mopeds auf dem Platz, der dann eher einem Marktplatz als einem Campingplatz gleicht. Auch das ständig
offen stehende Tor lädt fliegende Händler dazu ein, die Touristen zu belästigen. „Hello my friend!“
CD`s mit afrikanischer Musik, Masken, Gürtel, Telefonkarten, Schmuck und sonstiges. Alles, aber auch
alles wird angeboten, natürlich alles zum Specialpreis. 11€ täglich kostete uns dieser „Spaß“ auf dem
Rummelplatz. Wir wollten eigendlich nur 2-3 Tage hier verbringen und uns das Visa für Ghana besorgen,
aber das Hammelfest machte uns einen Strich durch die Rechnung. Das Hammelfest ist eins der größten
muslimischen Feste und kann sich bis zu 8 Tagen hinziehen. Alle Familien, festlich gekleidet, kommen zu
einem Treffen zusammen, schlachten ihre Hammel nicht etwa in ihren Küchen, sondern auf den Straßen,
auf den Bürgersteigen. Das Blut fließt, die Hammelköpfe liegen überall herum und es stinkt bestialisch
nach abgefackeltem Fell.
Beim Gassi gehen war Blacky völlig aus dem Häuschen. Jürgen hatte seine Mühe ihn an der Leine
festzuhalten, zu viele leckere Gerüche drangen in seine Nase. Unser Reisepartner Micka versuchte
unterdessen seinen Bulli in einer VW Werkstatt reparieren zu lassen, allerdings ohne Erfolg. In Guinea auf
der Piste brach ihm die Feder, seit dem gibt der Bulli verschiedene Geräusche von sich, die möglicher
Weise aus dem Getriebe, Differenzial oder den Halbachsen kommen. Schwer feststellbar.
Hier in Bamako war unsere Stimmung auf dem Nullpunkt. Immer wieder stellten wir uns die Frage:
„Warum tun wir uns das eigentlich an?“ Die Hitze, die Luftfeuchtigkeit, die Moskitos, der Dreck, die
vielen, vielen Menschen, die immer etwas von einem wollen, keine Intimsphäre und jeden Tag muß immer
irgend etwas organisiert werden. Hinzu kamen noch die schlaflosen Nächte. Ca. gegen 3 Uhr in der Frühe
flog die zweite Angriffswelle der Mücken. Sie surrten am Ohr vorbei, wir schlugen nach ihnen, trafen uns
aber leider nur selber. Nach einiger Zeit gaben wir auf und ließen uns stechen. War diese Attacke vorbei,
weckte pünktlich um 5 Uhr der Muezien. Anschließend erwachte die Stadt, Esel, Ziegen und Lämmer
blöckten, Kinder schrien und der unendliche Autoverkehr mit seinem ständigen Hupkonzert ließ uns nicht
mehr zur Ruhe kommen.
Hier auf diesem Platz trafen wir Familie Keller wieder, die wir in Deutschland auf dem kleinen, aber feinen
Treffen in Heiligenstadt, welches unsere Freunde Walter und Bettina jedes Jahr organisieren, kennenlernten.
Kellers planten eine 7monatige Reise durch Westafrika, Endziel sollte in Nigeria ein Krankenhaus sein. In
Accra, der Hauptstadt von Ghana, wurden Kellers am Strand von zwei Motorradfahrern überfallen. Sie
forderten mit Waffengewalt Geld und Telefone, wurden aber zum Einen dadurch gestört, daß Kellers mit
vier Erwachsenen reisen, die sich natürlich mit Händen und Füßen wehrten, zum Anderen aber auch
dadurch, daß Keller senior nach der Polizei rief. Die Täter ließen von ihnen ab und verschwanden mit ihren
Bikes. Dieser Vorfall führte dazu, daß die Kellers ziemlich angespannt waren und somit ihre Reisepläne
änderten. Sie fahren nicht mehr nach Nigeria, sondern sind quasi schon wieder auf ihrer Heimreise.
Am Dienstag erhielten wir problemlos das Visa für Ghana und konnten somit endlich die Hauptstadt in
Richtung Mopti verlassen. Durch abgefackelte Buschlandschaft erreichten wir nach ca. 230 km Segou. Hier
in dieser Kleinstadt, direkt am Niger gelegen, sollten Elke und Albert ein Hotel und eine Autowerkstatt
betreiben. Das neu erbaute Hotel und Restaurant Djoliba fanden wir sehr schnell, liegt es doch mitten im
Zentrum. Ein Hotelmitarbeiter brachte uns in die Werkstatt von Albert. Zu unser Überraschung stellten wir
aber fest, daß Albert seine Werkstattarbeiten eingestellt hat. Alle anders lautenden Informationen aus
Reiseführer und Internet sind also falsch. Mittlerweile baut die Familie ihr zweites Hotel und will sich
dementsprechend nur noch darum kümmern.
Wir durften trotzdem für eine Nacht im Hof der ehemaligen Werkstatt stehen, stellten aber plötzlich beim
Einrangieren des LKWs fest, daß unser Reserverad fehlte. Es war aus der Halterung komplett
herausgebrochen. Sofort ging Jürgen mit einem Angestellten auf die Suche. Sie fuhren mit dem Auto die
Strecke von der Werkstatt zum Hotel ab. Sie guckten links, sie guckten rechts, nichts zu sehen. Das Rad
war wie vom Erdboden verschwunden. Wir waren uns ganz sicher, das Reserverad in Segou verloren zu
haben. Am Stop vor dem Hotel war es noch dran, denn der Verlust wäre Jürgen sofort aufgefallen.
Trotzdem atmeten wir erst einmal tief durch, denn hätte das Rad einen Menschen getroffen, wäre unser
Auto beschlagnahmt worden und Jürgen säße wahrscheinlich hinter malischen Gittern. Albert fuhr zur
Polizei und meldete den Schaden. Er bat die Polizei nach dem Reifen bei den Händlern Ausschau zu halten.
Nach dem er ihnen 5000 CFA (ca. 8 €) Benzingeld gab, machten sich die Uniformierten auf den Patt, ...
leider ergebnislos. Mittlerweile Samstag... trotzdem wurden alle Reifenhändler aktiviert, nach einer
geeigneten Felge Ausschau zu halten. Eine Karkasse hatten wir, Allah sei Dank, ja noch mit.
Ein extrem schwieriges Unterfangen, die passende Größe hier zu finden. Letzendlich frickelte Albert am
Dienstag (!!!) eine Felge mit Felgenband und Sprengring und unserer Karkasse zusammen. Sehr afrikanisch
wurde das Reserverad dann befestigt.
Hier auf diesem Hof erreichte uns gegen 18.30 Uhr ein Anruf unserer Freunde Kirsten und Uli. Die Beiden
saßen mit Kirstens gesamter Familie zum Weihnachtsessen bei Adda und Armin (Kirstens Eltern) im
Wintergarten und schmausten das Festessen. Die Sippe brachte uns telefonisch ein Weihnachtsständchen,
News wurden ausgetauscht und ein schönes Weihnachtsfest gewünscht. Vielen herzlichen Dank!!
Es war schon ein komisches Gefühl, bei über 30 Grad im Schatten ein Weihnachtslied zu hören, fern ab von
allem Trubel in Deutschland. Und... Weihnachtsstimmung kam trotzdem nicht auf!! Noch fehlte uns
nichts!! Nach vier Tagen Zwangsaufenthalt nichts wie weg hier. Wir erreichten am Dienstagabend den
kleinen Ort Sevare bei Mopti. Das Hotel von Jutta, einer deutschen Institution, die seit Jahren in Mali lebt,
war unser erklärtes Ziel. In dem verdammt engen Innenhof fanden wir für die Nacht einen Stellplatz. Wir
nahmen Juttas Vorschlag, den Abend in ihrem Restaurant zu verbringen, natürlich gerne an.
Mit Wolfgang und Otto, zwei weiteren Globetrottern, gingen wir in das Restaurant Mankan Te und können
dieses wirklich als Geheimtipp weitergeben. 30 verschiedene, frische Gerichte auf der Speisekarte, darunter
10 vegetarische (u.a. auch Spinat), das ist wirklich die große Ausnahme in der gesamten Sahelzone. Jutta
erzählte uns an diesem Abend sehr viel von Land und Leute und von ihren neuen Ideen, ua. ein Museum in
Sevare zu errichten. Die einheimische Bevölkerung ist teilweise so arm, daß sie ihre uralten
Haushaltsgegenstände, Waffen, etc. an Touristen verhökern. Einige Gegenstände kauft Jutta mittlerweile für
einen fairen Preis auf, um sie für immer dem Volk zu erhalten und diese im Museum auszustellen.
Dringend riet sie uns davon ab, die Strecke Gao – Niamey zu fahren, da seit Erneuerung der Straße
Banditen ihr Unwesen treiben. Mit Waffengewalt werden die Autos gestoppt, die Reisenden gezwungen
auszusteigen, und ... weg sind die Fahrzeuge. Von Sevare nach Bandiagara, der Hauptstadt des
Dogonlandes, fährt man über eine neue Teerstraße, die mit deutscher Hilfe gebaut wurde. Es erwartete uns
hier eine schöne Landschaft mit Felsplateaus, Hügeln, ausgetrockneten Flussbetten, Palmen und vielen
anderen Bäumen.
Während einer Mittagspause unter einem wunderschönen Baum, der uns Schatten spendete, gesellte sich
wie aus dem Nichts kommend ein Einheimischer zu uns. Er lehnte sich sitzend an den Baum und sah uns
einfach zu. Wir schenkten ihm einen Apfel und er wollte genüsslich hineinbeißen, was ihm aber arge
Schwierigkeiten bereitete, da er im vorderen Bereich, weder unten noch oben Zähne hatte. Wir hätten ihm
den Apfel vielleicht schälen und schneiden sollen, aber er knabberte sich laut schmatzend dadurch und
vergaß auch nicht durch Furzen und Rülpsen sein Wohlgefühl kundzutun. Anschließend legte sich Blacky
zu ihm und Beide hielten ein Mittagsschläfchen.
Am späten Nachmittag erreichten wir Koro, den Grenzort von Mali zu Burkina Faso. Beim Lesen unserer
Pässe wurden die Arme eines jungen Zöllners immer länger. Mit Jürgens Lesebrille auf der Nase konnte er
endlich etwas erkennen und war sehr erstaunt darüber. Da wir unsere gesamten, „alten“ Brillen im LKW
haben, um sie einer Augenklinik zu überreichen, fand sich recht schnell ein passendes Modell für den
netten, jungen, hübschen Mann. Ein silbernes, zusammenklappbares Gestell zierte nun seine Nase. Er war
überglücklich und bedankte sich überschwenglich bei uns. Wir verabschiedeten uns und die Ausreise aus
Mali verlief problemlos.