TADSCHIKISTAN
Auch die Einreise in ein für uns völlig unbekanntes Land, der südöstlichste Teil der ehemaligen Sowjetunion,
über das es in Deutschland kaum Literatur oder Kartenmaterial gibt, verlief absolut reibungslos. Während
Jürgen den Zöllnern Anekdoten erzählte, wickelte Petra die Grenzabfertigung ab. Vom ersten Grenzbeamten
wurden wir freudig begrüßt. Seine fünf Worte deutscher Sprache brachte er immer wieder an und unsere Pässe
erhielten nach einigen Minuten den Stempel der Einreise. Ein paar Meter weiter beim Zoll empfingen sie uns
mit den Worten: „Oh, Germania!!“ Wir trafen hier auf eine sehr gut deutsch sprechende Zöllnerin, die uns bei
der Abwicklung der Formalitäten behilflich war. Naürlich baten sie uns auch hier freundlichst zur Kasse. Ein
„Gesetz“, handschriflich in englisch übersetzt, diente zur Vorlage. Kostenpunkt: 100 US Dollar, eine Quittung
bekamen wir über 340 Somi (68 US Dollar), der tajickischen Währung. Was das wohl wieder war? Aber...
leider können wir auch hier das „Gesetz“ nicht überprüfen. Die Zöllnerin gab uns ihre Adresse und
Telefonnummer für den Ernstfall...
Für die Einreise benötigten wir eine gute Stunde; ohne jegliche Kontrolle des Fahrzeuges. Nach einer kurzen
Fahrt stoppten wir zur Mittagspause an einem Feldrand, gegenüber dörflichen Häusern. Eine Hand voll Leute
bestaunten uns, unser Tier (Blacky) und unser Auto (Maschina). Petra ließ es sich nicht nehmen den Kindern
und Erwachsenen leckeres, dunkles Brot mit zuvor selbst gekochter Himbeermarmelade anzubieten.
Die Freude darüber wurde mit der Besichtigung eines gegenüberliegenden Gehöftes erwidert. Aus dem
Gemüsegarten erhielten wir frischen Salat und Kräuter und ein paar Kirschen für die Weiterfahrt.
Die erste Übernachtungsstation und Treffpunkt fast aller Einreisenden über diesen Grenzübergang ist die
Pension „Elina“ in Panjakent, so auch für uns. Die gesamte Mannschaft begrüßte uns wie alte Bekannte und
kam auf die Straße gerannt. „Natürlich dürft Ihr vor der Pension stehen. Kommt aber erst mal rein und trinkt
einen Tee!“, begrüßte uns ein Guide in perfektem Englisch. Aus einer Nacht, die wir hier vor der Tür in
unserem Deutz verbringen wollten, wurden zwei. Wir waren eine nette Truppe aus Backpackern,
Gruppenreisenden, Fahrradtourlern und uns.
Wir hatten sehr viel Spaß, tauschten Reisenews aus, wechselten Geld auf dem Basar, kauften Handykarten.
Zur Akklimatisierung, in diesem für uns noch fremden Land, war diese Pension die richtige Adresse.
Über extrem schlechte Straßen quälte sich unser Deutz zu den Sieben Seen im Fan – Gebirge, vorbei an
Bergdörfern, in denen die Zeit der Sowjetunion spurlos vorüber gegangen zu sein schien. Überall kleben an
den Hängen sehr verstreut Ansammlungen von Gehöften. Die Sieben Seen sind etwas Besonderes, denn sie
sind durch gewaltige Erdrutsche zu einer Kaskade entstanden. Trotz der schlechten Piste war die Fahrt
zunächst noch easy, aber dann... es wurde enger, immer enger, die Straße zu einer Einbahn”straße”.
Felsüberhänge, dicke Bäume und weggebrochene Piste waren eine Nummer zu eng für den Deutz. Im letzten
Dorf war es dann soweit, links ein dicker Baum, sehr schmale Piste und rechts ging es 1.5 m runter zu den
einzelnen Häusern. Um die Sache noch komplizierter werden zu lassen, war gegenüber dem Baum ein ca. 80
cm tiefes Loch. Durch dieses Nadelöhr mußten wir nun durch. Jürgen dachte an alles und fuhr sehr
konzentriert, nur die Verwachsungen von dem dicken Baum kalkulierte er nicht ein. Es knirschte kurz und
kräftig und mit der linken, oberen Profilkante hing der Deutz am Baum fest. (Somit wird die Reparaturliste
vom Deutz lang und länger!!) Noch mal zurück, ein kleines Stückchen weiter nach rechts, etwas rein in die
Kuhle und durch. Jetzt die engen Kurven. Zweimal mußten wir sie nehmen, vor, zurück und wieder vor. Die
anstrengende Fahrt entschädigte ein wunderschöner Stellplatz an einem der Sieben Seen,
in dem sich die Fische in glasklarem Gletscherwasser tummelten. Von einer einheimischen Familie, die dort
angelte und Picknick machte, bekamen wir gleich gegrillte Fisch geschenkt und sie lud uns zu einem Tee ein.
Zwei Tage genossen wir die wunderschöne Landschaft, die Sonne, die absolute Ruhe, die nur durch das
Rauschen des Flusses unterbrochen wurde. Zu uns gesellte sich schon nach kurzer Zeit ein Esel, Petras
Lieblingstier. Er fühlte sich offensichtlich so wohl bei uns, daß er immer wieder mit uns auf Tuchfühlung ging
und sich genügsam im Gras wälzte.
Im Aufwind der hohen Berge zogen vier Adler majestätisch ihre Bahnen. Die Rückfahrt gingen wir natürlich
aus eben genannten Gründen noch vorsichtiger an. An kritischen Stellen stieg Petra aus, um Jürgen
einzuweisen. Ganz vorsichtig tasteten wir uns an den spitzen Felsen vorbei, denn Jürgen wollte unbedingt
Schwankungen des Koffers verhindern, um nicht mit diesem an die Felsen zu hauen. Millimeterweise ging es
vorwärts. Ohne weitere Blessuren am Deutz erreichten wir den Kontrollposten, um bald danach auf die A 377
Richtung Osten abzubiegen. Auf unserer Karte suggeriert die Straße durch ihre rote Markierung eine
Hauptstraße. Weit gefehlt!! Diese Strecke ist übersäht mit Schlaglöchern, teilweise ist der Asphalt
weggebrochen und die Straße geht in eine Schotterpiste über. Gewürzt ist das Ganze noch mit Spurrillen,
Bodenwellen und Buckeln, alles was das Off- Road- Herz begehrt. Ganze 25 km schafften wir in einer
Stunde!! Die Landschaft aber, die wir durchfuhren, erinnert teilweise an den Grand Canyon. Wir befanden uns
im traumhaft schönen oberen Zarafson – Tal. Ab und zu klammerten sich grüne Felderflecken an die kargen
Geröllhänge fest und tief unten in der Schlucht rauschte der graue Strom talabwärts. Einige Male wechselte
die Talseite über holzbeplankte Hängebrücken und unten im Tal, am Fuße der Schlucht lagen immer wieder
Autowracks. Ein gruseliger Anblick, denn die Insassen dieser Fahrzeuge dürften diese Unfälle nicht überlebt
haben. Bei Ayni stießen wir auf die M 34, die mittlerweile von den Chinesen fertiggestellt ist. Es war für uns
eine Wohltat diese Straße zu befahren.
Begegnung im Garten Wohnblock in Panjakent Traditionelles Bergddorf
Sieben Seen im Fan-Gebirge Besuch
Unser nächstes Ziel sollte nun der Iskanderkul Lake sein, der nach Alexander dem Großen benannt wurde.
Schnell erreichten wir den beschilderten Abzweig. Wir überquerten auf einer alten, verrosteten Brücke den
Iskanderdarjo und trafen hier zwei italienische Motorradfahrer, die uns vor der Strecke zum Iskanderkul Lake
warnten, da Erdrutsche durch das Unwetter der vergangenen Tage das Passieren der Straße für uns unmöglich
machen sollte. Die Italiener konnten mit ihrem Motorrädern um einige Felsbrocken herum fahren, sagten aber
noch einmal schlechtes Wetter für die kommenden Tage voraus. Für uns keine schönen Aussichten, denn wir
wollten eigendlich ein paar Tage in 2200m Höhe am diesem See verweilen.
Nach Abwägen aller Risiken und Schwierigkeiten entschlossen wir uns doch am nächsten Tag diese Piste zu
nehmen. Sollte es nicht klappen, würden wir den Rückweg antreten. “Wenn es sein muß, auch rückwärts!”
meinte Jürgen. Die Italiener unterschätzten offensichlich die Leistung und die Kraft von unserem Deutz.
Bravourös meisterte er die 25 km lange Piste. Auf genau dieser Strecke werden LKW´s durch Eselkarawanen
ersetzt, die ein- bis zweimal in der Woche losziehen, um die notwendigen Einkäufe für die entfernt in den
Bergen liegenden Dörfer zu erledigen und zu garantieren. Gerade am Ziel angekommen fing es an zu regnen,
schade!
Trotzdem ließen wir es uns nicht nehmen in dieser herrlichen, teilweise noch schneebedeckten Bergwelt eine
Wanderung am See zu unternehmen. Hier im Gissar Gebirge erreichen die Berge Höhen bis zu 5500m. Auf
Grund der Wetterlage verkürzten wir aber unseren dortigen Aufenthalt, um Dushanbe, die Hauptstadt von
Tajikistan, zu erreichen. Die Strecke, die ehemals über den kurvenreichen, steilen Anzob-Pass führte, wurde
teilweise ersetzt durch einen 5,5 km langen, noch in Bau befindlichen Tunnel, den Anzob-Tunnel. Einige
Leute warnten uns bereits davor, aber die Realität war mehr als gruselig. Schlechte “Straße”, keine
Beleuchtung, keine Belüftung, unbeleuchtete, abgestellte Baumaschinen, große Benzinfässer, die herumlagen,
zwei unbeleuchtete Fahrzeuge mit einer Panne, Arbeiter ohne jeglichen Arbeitsschutz oder Signalkleidung.
Kaum im Tunnel, brannten uns die Augen und die Erzählungen, dass bereits zwei Menschen auf Grund einer
Kohlenmonoxidvergiftung ihr Leben lassen mußten, machte die Durchfahrt noch unbequemer. Kaum raus aus
dem Tunnel, stoppten wir erst einmal den Deutz, lüfteten das Fahrzeug kräftig durch und mußten selbst
dringend nach Sauerstoff schnappen. Petra schlotterten die Knie. Aber, weiter ging die Fahrt Richtung
Hauptstadt.
Iskanderkul Lake Eselkarawane Schneebedeckte 5500er
Mit Hilfe unserer Kontaktperson Neckshoh
in Dushanbe, der beim DED arbeitet und über
sehr gute Kontakte zum Außenministerium verfügt,
fanden wir für unseren Deutz einen Platz auf einer
bewachten Parkfläche und erledigten mit ihm auch
alle notwendigen Zollformalitäten für unser Fahrzeug
in der Stadt.
In den nächsten zwei Tagen werden wir Dushanbe
verlassen, um den schwierigsten Teil unserer Reise,
den Pamir Highway, anzutreten.
Tajikistan II/ „Das Dach der Welt“ – Das Pamir Gebirge
Nach zwei wunderschönen, geselligen, informativen und tajikisch – kulinarischen Abenden mit Neckschoh
und seiner Familie und nach Erledigung der Zollangelegenheiten, „sattelten“ wir unseren Deutz, rüsteten
unsere Vorräte im Supermarkt und auf dem Basar auf, um eine grandiose, wohl einmalige Naturlandschaft
erleben zu können. „DAS DACH DER WELT“ - DAS PAMIR GEBIRGE
Nach dem Himalaja ist das Pamir Gebirge das zweithöchste der Welt. Der zentrale Teil des Gebirges liegt in
Tajikistan, seine Ausläufer reichen bis nach China, Afghanistan und Kirgistan. Seine Gipfel sind teilweise bis
zu 7000m hoch. Vor 30/40 Jahren schlugen Sowjetsoldaten eine Schotterpiste in den Fels, der einzige Zugang
zum „Dach der Welt“, der Pamir – Highway.
Durch diesjährige vermehrte Regenfälle in Tajikistan waren die Pisten in einem sehr schlechten Zustand,
Bergrutsche versperrten teilweise die Strecke, mit den niederkommenden Wassermassen bildeten sich riesige
Geröllfelder, die es zu durchqueren galt. Über Kies, größere Steine, durch Schlamm und Wasser tuckerte der
Deutz im 1. und 2. Gang über und durch diese Hindernisse. Brücken waren teilweise weggebrochen, so daß es
auch für die Viehherden äußerst schwierig war, die reißenden Wassermassen zu überqueren.
l Kleinere Tiere wurden auf die Rücken einiger Pferde und Viehtreiber geworfen, andere wurden mit Seilen
ans andere Ufer gezogen. Für uns ein wirklich schauspielerisches Ereignis, der „Wilden Osten“!
Nach Kontrolle der Pamir Genehmigung durch die Polizei zog sich der Deutz im 2. Gang auf den 3252m
hohen Pass Khaburabot, kurz vor Kalaikhum, immer auf der M41 entlang (in der Karte eine rot
eingezeichnete Straße, die normaler Weise einen guten Zustand suggeriert). Durch den starken Regen der
vergangenen Nacht wurde diese Fahrt zu einer wahren Schlammschlacht.
Ab Kalaikhum führt der Pamir – Highway, nur durch einen reißenden Fluß getrennt, immer an der
afghanischen Grenze entlang. Teilweise trennten uns nur 80m von afghanischen Dörfern.
Im Pamir Gebirge fanden wir immer wieder schöne Stellplätze in der Natur, nahe kleinen Wildbächen oder
Wasserfällen, aber immer mit Blick auf die einzigartige, atemberaubende Gebirgswelt. Trotzdem mußten wir
immer gehörig aufpassen, denn genau entlang dieser Grenze sind noch weite Teile der Strecke vermint.
Minenräumkommandos, u.a. auch aus Deutschland sind zur Zeit dabei die Minen zu entschärfen,
Hubschrauberlandeplätze und Feldlazarette sind eingerichtet, um evtl. verletzten Menschen schnellstmöglichst
helfen zu können. Wir suchten uns dementsprechend immer Plätze nahe Hüttenansiedlungen oder auf den
Weiden der Viehherden.
Im kleinen Provinzstädtchen Korog, eine „Sammelstelle“ der wenigen Touristen, fand vor dem Internetcafe
ein reger Austausch und heftige Diskussionen über die Unruhen in Kirgistan statt. Zu dieser Zeit war die
Grenze zwischen Tajikistan und Kirgistan am Kysyl Art Pass geschlossen, die Deutsche Botschaft in Bischkek
riet uns in einem persönlichen Telefongespräch dringend von einer Einreise in den Süden ab, aber auch die
Lage im Norden war sehr fragil.
Somit entschlossen wir uns von Khorog aus durch das Vakhan Vallye zu fahren und dann nach Khorog
zurückzukehren, da für uns eine Einreise in den Süden von Kirgistan zu diesem Zeitpunkt nicht in Frage kam.
Gemeinsam mit einem Münchener Ehepaar, welches wir in Samarqand zum ersten Mal trafen und ihrem
Toyota machten wir uns auf zu einem der schönsten Ziele unserer Reiseroute. Um ein gewisses Stückchen
Sicherheit in diese Route einzubauen, wollten wir dieses schwierige Stück des Pamir Highways gemeinsam
fahren.
Das Vakhan Vallye, ein mal mehr und mal weniger breites, grünes Tal zeigte sich mit kleinen Dörfern, die wie
an einer Perlenschnur aufgereiht erschienen, immer mit Blick auf den Hindukusch in Afghanistan,
einer bis zu 7000m hohen grandiosen, schneebedeckten Gebirgskette, die sich uns in den oberen Spitzen
wolkenverhüllt blieb. Die Einwohner der Dörfer winkten uns freudestrahlend zu, versuchten mit Händen und
Füßen Kontakt aufzunehmen und schauten sich neugierig unseren Deutz an. Immer wieder gesellten sich in
gebührendem Abstand Kinderscharen zu uns und beäugten verwundert Blacky an der Leine.
„Bibbi Fatima“, eine der schönsten heißen Quellen im kleinen Örtchen Yamtschun konnten wir leider nicht
nutzen, da gerade Bauarbeiten stattfanden. Andere heiße Quellen auf dieser Strecke waren leider veralgt und
die kleinen Häuser drumherum befanden sich in einem derart desolaten Zustand, so daß wir schweren Herzens
auf ein heißes Bad verzichteten. Nach Kargush verließen wir den Verlauf der afghanischen Grenze, um in
Richtung Norden auf einer sehr steilen, engen, ruppigen Piste, die teilweise mit heruntergekommenen
Gebirgsmassen überschüttet war, den Khargush Pass in 4344 m Höhe zu überqueren. Der Deutz nahm trotz
des schlechten Diesels ohne Kraftverlust die Herausforderung dieses schwierigen Passes an und zog sich
langsam, mit 22% mehr Dieselverbrauch, die Piste hoch.
Nur Jürgen konnte diese Höhe nicht besonders gut vertragen, sein Blutdruck stieg, er begann ohne Genuss von
Alkohol zu torkeln. Hier in diesen Höhen war für uns jeder Schritt eine Anstrengung, die Lungen keuchten,
die Herzen schlugen heftig. Örtliche Unwetter nahten heran, starker Wind kam auf, Regen schlug nieder.
Laut Aussagen einiger Tajiken war in diesem Jahr das Wetter sehr regnerisch, so daß manche unserer Fahrten
auf den Pisten eher Schlammschlachten glich. In diesen schwindelerregenden, sehr lebensfeindlichen Höhen
stießen wir lediglich auf ein paar Murmeltiere, die aus ihren Löchern blinzelten oder in toter Form von einigen
Viehhirten zum Kauf angeboten wurden. Gleißendes Licht machte das Tragen einer Sonnenbrille zwingend
erforderlich, die Hirten, die den ganzen Tag diesen Bedingungen ausgesetzt sind, schützen sogar ihre
Gesichter vor der starken Sonneneinwirkung mit einem Tuch oder einer Maske.
Ein wunderschöner Stellplatz mit Blick auf schneebedeckte Berge und auf einen Bergsee, dem Yashikul Lake,
entschädigte uns für die Anstrengung.
Die Temperaturen sanken nachts auf 5°C, so daß ein guter Schlaf gewährleistet war. Am nächsten Morgen
begegnete uns auf dieser Reise die erste Yaksherde,
die von Frauen gehütet wurde. Der nächste Pass auf der M32 Richtung Khorog war der Koy – Tezek Pass mit
einer Höhe von 4300 m .
Hier begleitete uns mitten im Juni leichter Schneefall, der Wind war eiskalt. Museumsreife Fahrzeuge waren
ständig im Einsatz, um die „Straßen“ zu räumen.
In Khorog angekommen, entschieden wir uns für die Rücktour die Südroute über Shuroabad, Kulyab nach
Dushanbe zu nehmen. Auf dem 2845m hohen Pass in Shuroabad erfolgte eine korrekte und höfliche Kontrolle
durch die Polizei, kurz danach die Registrierung durch Soldaten. Die jungen Soldaten schrieben unsere Daten
auf, öffneten danach eine zweiflügelige Tür zu einem weiteren Raum, in dem zwei Betten standen. In einem
dieser Betten lag ein volltrunkener„ Soldat, zwei Pickel auf seiner Schulterklappe wiesen ihn als den „Chef“
aus. Ein Handzeichen seinerseits, daß Petra sich auf das Bett setzen sollte, wurde von ihr verweigert, nach
kurzer Zeit entzog sie ihm die Pässe, da sie merkte, daß er in seinem Zustand nicht mehr in der Lage war zu
lesen. Mit den Worten:“ Every thing is okay! Thank you! Good bye!“ verabschiedete sie sich und verließ den
Container, um einem jungen Soldaten die Tür des Wohnmobils zu öffnen, damit dieser seine Neugier
befriedigen konnte. Einen kurzen Moment später torkelte der „Chef“ in Gummilatschen auf unser Fahrzeug
zu, wollte er doch mit Petra das Fahrzeug kontrollieren. Petra weigerte sich, so zog er sich mühsam ins
Wohnmobil ( wir hatten die Leiter nicht ausgezogen) und forderte uns lallend auf die Schränke
aufzuschließen. Erst das Erscheinen einer tajikisch-englisch sprechenden Frau, die nach unseren Problemen
fragte und den „Chef“ aus unserem Fahrzeug beorderte, beendete die Situation und wir setzten unsere Fahrt
mit einem Zwischenstopp in Kulyab nach Dushanbe fort. Ein Protokoll über diesen Vorfall wurde durch
unseren Freund Neckschoh an den zuständigen General weitergeleitet. Über diesebezügliche
Sanktionsmaßnahmen erhalten wir später in Deutschland Bescheid.
Nicht sehr vertrauenserweckende Brücken, riesige Geröllfelder und Schlamm- und Staubpisten waren auch
hier an der Tagesordnung. Der Staub, unser Freund ist allgegenwärtig.
Er zieht in jede Ritze und sitzt wirklich überall im Auto.
Ab Kulyab sind die Straßen bis nach Dushanbe, von Chinesen gerade erbaut, zur Zeit in einem guten Zustand.
Leider ist die Qualität dieser Staßen sehr minderwertig, so daß durch Erdrutsche, Wassermassen, etc. diese
Straßen sehr bald wieder desolat sein werden, Betongräben sind schon wieder durch Steine verstopft.
In Dushanbe, eine 600 000 Menschen zählende, gemütliche Stadt, sondierten wir die Situation in Kirgistan
erneut, telefonierten abermals mit der Deutschen Botschaft in Bischkek (Kirgistan) und nach Berichten über
große Flüchtlingsströme, 2000 Toten und Schwerverletzten, Plünderungen der Geschäfte, etc. im Land, fanden
wir schweren Herzens unsere Entscheidung, zur Zeit auch nicht in den Norden des Landes von Kirgistan
einzureisen und unsere Reiseroute zu ändern. So galten unsere Tage in Dushanbe der Beantragung neuer Visa
(mit Hilfe von unserem Freund Neckschoh kein Problem), Besorgung von neuen Supportlettern für das
russische Visa, Säuberung des Fahrzeuges, sowie das Bunkern von Lebensmitteln, Wasser und Diesel und die
Planung der „neuen“ Reiseroute, die uns schnellstmöglichst zurück durch Usbekistan führen soll, da man
nicht ausschließen kann, daß die kirgisischen Unruhen auch nach Usbekistan ins Ferganatal überschwappen,
da hier immer wieder Auseinandersetzungen stattfinden.
Weiter soll es dann nach Kasachstan und Rußland gehen.
So schnell wie wir dachten, ging es dann doch nicht. Es war Freitag, die russische Botschaft, zum Einholen
des letzten Visums, hatte geschlossen. Gezwungener Maßen mussten wir auch noch das Wochenende in
Dushanbe verbringen, um am folgenden Montag pünktlich in der Botschaft zu erscheinen. Die
Botschaftsmitarbeiterin versprach Petra, daß sie um 17 Uhr die Visa abholen könne. Na, Gott sei Dank! Das
sollte ja reibungslos klappen! Weit gefehlt! Um 17 Uhr war Jürgens Visa erstellt, Petras war aber nicht fertig,
weil man in der Botschaft technische Computerprobleme hatte. Man vertröstete uns auf den nächsten Morgen
um 9 Uhr. Am nächsten Morgen pünktlich in der Botschaft ließ man Petra warten und warten und wollte sie
während der Mittagspause nach draußen komplementieren, wo sie in brütender Hitze bei 42 Grad im Schatten
bis 15 Uhr warten sollte. Nun schlug Petra Alarm!! Sie teilte dem obercoolen, Sonnenbrille tragenden und
keine Miene verziehenden Türöffner mit, dass sie dieses Gebäude nicht ohne ihren Reisepass verlassen würde.
Gar nicht so einfach, denn der Pass war nicht aufzufinden und kam erst nach reger Sucherei wieder zu Tage.
Petra bestand auf ein Gespräch mit dem Konsul, welches um 16 Uhr stattfand. Arrogant ließ er Petra durch
einen Dolmetscher mitteilen, daß Visa eben ihre Zeit benötigen und wir könnten ja noch zwei Tage in
Dushanbe verweilen, vielleicht wären bis dahin die Computerprobleme behoben. Vielleicht!!! Petra nahm
ihren Pass, bekam die eingezahlten 70€ nicht zurück, bedankte sich für seine Hilfe, Kooperation und
Diplomatie und verließ ohne Erfolg und stinksauer das Gebäude. Ein Rückruf bei der Deutschen Botschaft
ergab tatsächlich, dass es internationale Gesetze gibt, die es den Botschaften ermöglichen, die eingezahlten
Gelder bei Rückzug eines Visaantrages zu behalten.
Trotzdem entschlossen wir uns Dushanbe zu verlassen, um das Visa in Kasachstan neu zu beantragen. Zurück
ging es über Ayni, vorab aber wieder durch den 5 km langen, gruseligen Tunnel, um anschließend über einen
3400m hohen Pass zu schaukeln. Grauenvolle Piste und kilometerlange Baustellen
begleiteten uns. Erfreulicher Weise verhielten sie alle Auto- und LKW-Fahrer fair, sodass von ihnen keine
zusätzliche Gefahr ausging. Über Khujand fuhren wir die letzten Kilometer über eine mautpflichtige, super
ausgebaute Straße, wir konnten endlich mal wieder Gas geben. Die Mautgebühr hat europäisches Niveau.
Takeli ein kleines Dorf in der Steppe sollte unsere letzte Übernachtungsstation in dem wunderschönen
Bergland Tajikistan sein.
Hier konnten wir noch ein leuchtendes, fliegendes, Funken versprühendes Etwas am Himmel beobachten. War
es ein Meteorit, ein UFO??? Wir konnten es leider nicht klären!!
Der Grenzübergang verlief unkompliziert und ohne jegliche Kontrolle!!
Letzte Fakten zu Tajikistan:
Stellplatz in Dushanbe: Hotel AVESTO, Rudaki Avenue, kostenlos
Der Mann für alle Fälle: NECKSCHOH, Tel.: (plus)992 90 111 92 25, Email: Nekschoh@rambler.ru
Mitarbeiter der kasachischen Botschaft, die völlig problemlos die Visa erteilten: Baiseitova
Swetlana Bagascharownar, Dschumakanov Kanat Kaliakbarowitsch
Dieselpreis: zwischen 75 und 85 Cent
Temperaturen: um die 40 Grad, in den Bergen 20 Grad, nachts kühl
Achtung: Grenzübergang A377 Samarqand – Pendzhikent
Charmante, hilfsbereite, deutschsprechende Zöllnerin vergibt leider falsche Quittungen mit falschen Stempeln
(Kinderpost) und verlangt lächelnd 100 Dollar. Es muß kein Geld gezahlt werden, wir haben es durch unseren
Freund im Außenministerium überprüfen lassen.
Um nach Kasachstan zu gelangen verlief unsere Reise noch einmal für zwei Tage durch Usbekistan. Schon die
Einreise wurde von konrollwütigen Grenzbeamten, die mit Hund unseren Wagen hauptsächlich auf Drogen
untersuchten, geprägt. Als auch noch ein dritter Beamter zur Kontrolle oder um seine Neugierde zu
befriedigen ins Auto steigen wollte, mußte Jürgen laut werden und erzählte seine „Polizeigeschichte“.
Sogleich wurde doch der Ton freundlicher! Alles gut, Kontrolle beendet. Wir konnten einreisen!
Den Tag verbrachten wir hier wieder einmal mit der Suche nach Diesel, denn immer noch war das
Dieselproblem in Usbekistan nicht gelöst und die LKW´s standen ohne Treibstoff am Straßenrand. Wir
klapperten 14 Tankstellen ab, die uns schon von Weitem verständlich machten, daß ihre Tanks leer waren. Bei
der 15. Tanke klappte es dann endlich, der Diesel floss und wir konnten aufatmen.
Die Nacht verbrachten wir ca. 200 m vor der Grenze in dem kleinen Dorf Yalama und konnten hier das
Dorfleben genießen. Die geschäftstüchtigen Frauen hatten Kinderwagen zu Einkaufstheken umfunktioniert
und beherrschten das Straßenbild.
Ein aufgeweckter Junge organisierte uns ein Schaschlik mit Brot vom Basar, ein dazugehöriges Bier und der
Abend war gerettet.
Am nächsten Morgen, wir trauten unseren Augen nicht, rauschten doch tatsächlich 15 französische
Plastikwohnmobile an uns vorbei. Was war datt denn?? Paris – Peking und zurück, alles in drei Monaten. Und
die alle standen nun vor uns an der Grenze. Also warten.... warten und nochmals warten.....2.5 Stunden!!
Bei der Ausreise brachte Petra eine Zöllnerin zum Verzweifeln, weil sie sich ständig auf den
Deklarationszetteln verschrieb. Also... Order von der Zöllnerin: alles noch einmal schreiben!! Wenn es nicht
so heiß gewesen wären, hätten wir uns daraus einen Spaß gemacht, zumal schon Papiermangel herrschte.
Eine ca. 24jährige Zöllnerin forderte Petra auf unsere € in der Abfertigungshalle , in der sich zu der Zeit
bestimmt 50 Menschen befanden, zu deklarieren. Nein, junge Frau so nicht!! So etwas macht man in einem
seperaten Raum, unter vier Augen! Petra zählte das Geld vor und wies die junge Dame darauf hin, sie möge
die Finger von unserem Geld lassen. In der Zwischenzeit mußte sich Jürgen einer Leibesvisitation
unterziehen. Endlich fertig!!!
Und wieder warten... warten... und nochmals warten. 5.5 Stunden bei über 40 Grad!!
Bis man uns endlich das Tor zur Grenzabfertigung nach Kasachstan öffnete!!